Fussball in England: Spiel Nr. 6: Barnet FC v Plymouth Argyle (Division 2)

Nobody's Perfekt! Das gilt auch für den Chefplaner der Fussballtour! Also für mich!
In London wechseln die Clubs ihre Stadien, wie andere ihre Hotelzimmer! Ich hatte in den letzten 6 Tagen 5 verschiedene! Aber das ist eine andere, noch zu erzählende Geschichte!
Dumm wenn man eine Stunde vor Anpfiff feststellt,  dass das alte Stadion weg ist und das neue 10 km entfernt im Niemandsland liegt! Was sich anschliesst, nachdem ein paar nicht zu wiederholende, englische Flüche gedacht wurden, ist eine abenteuerliche Busfahrt durch die sozialen Gefüge der englischen Gesellschaft.  Da, wo keine Tube mehr hinfährt, wechselt die Bevölkerungsstruktur dramatisch. Gefühlt bin ich in den beiden Bussen keinem Engländer mehr begegnet. Die Ärmeren der Gesellschaft finden sich in den unendlichen, kleinen Häuserreihen wieder,  die sie sich gerade noch leisten können. Schön ist anders. Es scheint sich aber auch oft keiner Gedanken über seine Wohnsituation zu machen. Nur so ist zu erklären, warum viele Häuser aussehen, als stünden sie seit Jahren leer. Aber hier leben Menschen und zahlen hohe Mieten für die Löcher. Die besseren Wohngegenden können sie sich sowieso nicht leisten. Kann jedem nur empfehlen, mal eine Bustour durch London zu machen. Mit den öffentlichen Bussen. Z.B wie ich gerade durch den Bezirk Edgware.



Kurz vor dem Anpfiff am Stadion, dass wie viele andere auch einen unschönen, multifunktionale Haupttribüne hat. Da ich mich bei der Ticketbuchung schon auf die einzige Stehtribüne festgelegt habe, durfte ich Fussball sehen, wie ich es auch bei St. Pauli  mache: stehend!
In der ersten Halbzeit passierte nicht viel. Bis auf zwei schwere Verletzungen von Plymouth Spielern, die mit der Trage vom Platz getragen werden.  Unter dem Beifall des ganzen Stadions. Hier funktioniert Fairplay also noch!
Habe es bei einem Spiel in Fulham erlebt, dass ein verletzer Spieler der Gästemannschaft bei der kompletten Runde, die er durch das Craven Cottage gehumpelt ist, beklatscht wurde.
Den eine Spieler von Plymouth haben sie direkt ab mir vorbei getragen. Sah nach einer schweren Verletzungen im Bereich der Wirbelsäule aus.  Morgen mal dir BBC befragen...
Gute Besserung!



Nach dem Halbzeitkaffee in der "Tea Hut" (!) ging es mit dem mittelmäßigen Spiel weiter,  in dem man Plymouth den Verlust der zwei anmerkte. Der Tabellenzweite hatte seit Oktober letzten Jahres kein Spiel mehr verloren. Das erzählten auf jeden Fall hinterher die Supporter von Plymouth in der Tube zurück in die Stadt.
Und so reichte das Tor des Tages für Barnet, dass sich über die Nachspielzeit rettete.
Und selbst in der spannenden Schlussphase haben die eigenen Fans das Stadion in Scharen vor den Schlusspfiff verlassen. Kein Mitfiebern bis zum Schluss, keine Feiergesänge für die eigene Mannschaft. Hauptsache pünktlich zu Hause!



Die spinnen, die Briten! Also fast alle, was die Stadionkultur im Mutterland des Fussballs angeht!
Löbliche Ausnahmen wie z.B. Leyton Orient seien hiervon ausgenommen.
Während man bei Crystal Palace 5 Minuten nach dem Abpfiff die Stadiontore hinter einem schliesst, sind dort in 2 Tribünen die Stadionpubs bis 2 Stunden nach dem Abpfiff bzw. bis Open End geöffnet!
Und so lange besonders in der Premier League das Stadion bis zum Anpfiff mit martialen Vereinsvideos a la "Herr der Ringe" bei der Schlacht um Mordor  brüllend laut beschallt werden, wird es auch keine Sangeskultur geben können. Man lässt sich gerne unterhalten, bezahlt dafür einen Schweinepreis für die Tickets und geht dann schon lange vor dem Abpfiff. Dann geht doch in den nächsten Pub ihr Frischbiertrinker! Ist billiger und die Stimmung auch, wie letzten Sonntag in einem Pub in Camden beim Spiel von Liverpool gegen ManCity. Habe beim Ausgleich für die Klopp-Elf nur noch auf die Bierdusche gewartet.  Die gab es dafür einen Abend davor für die Besucher im Unterrang des Rifles Konzertes gegenüber im Roundhouse.



Bei Tottenham gibt es in dem Vorspannvideo zum Spiel die Textzeile "We are the elected class!" Die erwählte Klasse! Soso! Und das bei einem Klub mit jüdischen Wurzeln. Gerade die sollten wissen, dass das mit der ausgewählten Klasse bei uns in Deutschland schon mal richtig schief gegangen ist!
Aber hier geht man im Ausland wohl heute entspannter mit um, als ich das als geschichtsbewusster Deutscher mache.



Hier wird, wie bei Barnet übrigens auch, immer der Ruf "Yid Army" laut.
Beide Vereine haben jüdische Wurzeln. Und besonders bei Barnet, sind viele mit der Kippa im Stadion gewesen.



Das ganze klingt fast nach einem Fazit der Reise! Aber zwei Spiel kommen noch!
One-Nil for the Arsenal gibt es hoffentlich morgen Abend zu hören.
Und dann geht es zurück zu meiner Herzensangelegenheit : St. Pauli! Verein und Stadtteil!  Aber das lässt sich ja sowieso nicht trennen.
Der FC St. Pauli hört nicht am Stadiontor auf!